Als Frau habe ich zwei Körper: einen den ich fühle und einen der durch die Blicke der Gesellschaft vermessen wird. 90 60 90 – ist die Kennzahl für Schönheit, normierte Weiblichkeit, ewige Jugend, Erotik in Maßen. Gibt es Alternativen zu dieser Darstellungskonvention an die sich fast alle Magazine und Fotografen halten? Was für Bilder gab es zuvor? Ein Blick in die Vergangenheit zeigt andere Darstellungsweisen von Weiblichkeit. Liegt die Lösung in einer „Hommage an die Malerei“?
In Zusammenarbeit mit Frauen aus meinem Umfeld beginne ich Gemälde zu reinszenieren. Gemeinsam treffen wir die Auswahl der Motive, dabei dienen uns Künstlerinnen wie Marie- Guillemine Benoist oder Suzanne Valadon als Vorbilder. Wir arbeiten aber auch mit Venusdarstellungen der alten Meister, zeichnen sich diese doch im Gegensatz zu den Titelblättern mit mageren, computerretuschierten Mannequins, durch eine vergleichsweise natürliche Weichheit aus. Wie mein Titel „Unverhüllt und Verhüllt“ verspricht, geht es bei jedem Bild aufs Neue darum auszubalancieren, was der Betrachter sieht, aber auch was ihm vorenthalten wird: Durch Stoffe, den Aufnahmeabstand oder auch das Eingebettetsein in den Hintergrund werden Teile des Körpers gezeigt, andere aber verdeckt. Die Aufnahmen entstehen in der vertrauten Umgebung der Frauen, tagsüber in einer für zeitgenössische Fotografie typischen Kombination aus Tages- und Blitzlicht. Das Licht und die dadurch erreichte Farbigkeit reflektieren für mich das eigene Medium und die heutige Zeit mit, ich lasse mir bei dieser „inszenierten Malerei“ in die Karten schauen.
Im Laufe der Arbeit stoße ich an die Grenzen des „Zitierens“, denn für mich besteht eine große Herausforderung darin, meinen eigenen Standpunkt zu entwickeln und meine eigenen Überlegungen und Empfindungen zum Thema „Schönheit“ und „Weiblichkeit“ einfließen zu lassen. Dazu gehört für mich auch, nicht nach einem Ideal zu suchen, sondern den Frauen auf einer menschlicheren und individuelleren Weise zu begegnen. Eine wichtige Beobachtung, die ich gemacht habe, ist, dass selbst junge Frauen, die dem heutigen Schönheitsideal sehr nahe kommen, ihrem Körper skeptisch gegenüber stehen. Gleichzeitig wirken reifere Frauen auf mich, als seien sie durch körperliche Erfahrungen stärker in ihrem Körper angekommen. Dabei geht es auch viel um Scham und das Annehmen des eigenen Körpers. Vielleicht sind gerade solche Gefühle das eigentliche Thema der Serie. © 2006, 6 C-Prints
Die Serie war 2006 nominiert für den Prix Leica.